
Berlin Gerade disskutiert man im Bundestag über die Neuregelung der Organspende in Deutschland. Es gibt eben zu wenige Organspender und zu viele Schwerstkranke auf den Wartelisten. In Österreich hat man vor einigen Jahren eine sogenannte Widerspruchslösung gesetzlich verankert. D.h. jeder Mensch, der hirntod ist, ist grundsätzlich Organspender, außer er hat zu Lebzeiten der Organentnahme ausdrücklich widersprochen. In Österreich dieser Schritt die Menge von Spenderorganen deutlich vergrößert.
Diese Idee gefällt nun auch einigen deutschen Gesundheitspolitikern. In Deutschland haben wir derzeit noch eine Zustimmungslösung. D.h. jeder Mensch, der hirntod ist, ist grundsätzlich kein Organspender, außer er hat zu Lebzeiten der Organentnahme ausdrücklich zugestimmt, bzw. seine Angehörigen tun das jetzt. Diese Variante ändert am großen Mangel an Spenderorganen nichts.
Doch um in dieser Debatte überhaupt mitreden zu können, müssen wir einmal klären, wann das Thema überhaupt zum Tragen kommt und in welchem Zusammenhang es mit einer Bestattung steht. Hier ein paar medizinische Hintergrundinformationen:
Tod – Klinischer Tod, Hirntod und biologischer Tod
In der Medizin wird der Tod als irreversibler Funktionsverlust des Atmungs-, Kreislauf- und Zentralnervensystems beschrieben. Dabei wird zwischen dem klinischen und dem biologischen Tod unterschieden. Zusätzlich wurde noch der Begriff „Hirntod“ definiert. Biochemisch und physiologisch betrachtet ist der Tod kein punktuelles Ereignis. Es gibt eine Zeitspanne zwischen dem biologischen Tod und dem Absterben der letzten Zelle. In diesem Zeitraum lassen sich bestimmte Körperreaktionen noch auslösen – mit Histaminchlorid beispielsweise eine Gänsehaut.
Die einzelnen Phasen des Todes:
Klinischer Tod
Der klinische Tod ist gekennzeichnet von einem völligen Kreislaufstillstand.
Folgende „unsichere“ Todeszeichen sind charakteristisch:
- Fehlen von Atmung,
- Herz-Kreislauf-Stillstand,
- kein Carotispuls (= Carotis = Halsschlagader),
- maximale Pupillenerweiterung, fehlende Pupillenreaktion,
- fehlende Reflexe,
- Muskelatonie,
- Blässe bis Blaufärbung der Haut und der Schleimhäute,
- Abnahme der Körpertemperatur.
Entscheidend ist, dass innerhalb der Wiederbelebungszeit eine Reanimation noch gelingen kann. Mit Wiederbelebungszeit meint man das Zeitintervall zwischen dem Herz-Kreislauf-Stillstand und Eintritt irreversibler Organschädigung infolge des Sauerstoffmangels. Von allen Organen weist das Gehirn mit drei bis fünf Minuten die kürzeste Wiederbelebungszeit auf.
Hirntod
Mithilfe intensivmedizinischer Maßnahmen kann die Lungen- und Kreislauffunktion noch lange aufrechterhalten werden. Aus diesem Grund wurde der Begriff „Hirntod“ eingeführt. Dabei wird das Eintreten des Todes als irreversibler Ausfall aller Hirnfunktionen definiert. Die klinischen Zeichen des Hirntods sind:
- Koma,
- Ausfall der Spontanatmung,
- Lichtstarre beider Pupillen,
- Fehlen der Hirnstammreflexe.
Der Hirntod darf bescheinigt werden, wenn zwei unabhängige Untersucher die Befunde bestätigt haben und die Zeichen mindestens 12 Stunden vorhanden sind. In der Regel werden Zusatzuntersuchungen wie das EEG (Elektroenzephalogramm = misst die Hirnströme) eingesetzt. Ist der Hirntod festgestellt, so darf die Intensivtherapie abgebrochen werden.
Biologischer Tod
Auf den klinischen Tod folgt in der Regel der biologische Tod. Alle Organ- und Zellfunktionen sind nun irreversibel erloschen.
Der biologische Tod ist durch die sicheren Todeszeichen gekennzeichnet, die in folgender Reihenfolge auftreten:
- Totenflecken, die auch als Leichenflecke oder Livores bezeichnet werden: Sie treten 20 – 30 Minuten durch Absinken des Blutes auf. Sie bilden sich in den tiefer liegenden Körperregionen (Hände, Füße, Rücken).
- Totenstarre, die auch als Leichenstarre oder Rigor mortis bezeichnet wird: Sie beginnt etwa nach zwei bis vier Stunden, ist nach sechs bis acht Stunden vollständig ausgeprägt und löst sich nach zwei bis drei Tagen von selbst. Sie wird durch den Zerfall von ATP (Adenosintriphosphat; universelle Energieeinheit des Körpers) erklärt. Die Aktin- und Myosinfilamente (Bestandteile der Muskeln) können nicht mehr getrennt werden.
- Autolyse (= Selbstauflösung): Der Körper zersetzt sich durch körpereigene Enzyme und die Tätigkeit von Bakterien.
Quellen: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, de Gruyter
Allgemeine Krankheitslehre und Innere Medizin für Physiotherapeuten, Gabriele Steffers, Thieme
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 16.03.2011
Quelle: https://www.medhost.de/pflege-demenz/tod.html, 17.12.2018, 18:05 Uhr
Damit ist also klar, dass das Thema „Organspende“, völlig unabhängig davon, welche Lösungen die Politik nun vorgibt, nicht für jeden Verstorbenen relevant ist. Letztlich ist es nur für die Menschen relevant, die sich im Stadium des „Hirntodes“ befinden und deren Herzfunktion durch Wiederbelebungsmaßnahmen wieder in Gang gebracht werden konnte damit die Organe überhaupt mit Sauerstoff versorgt werden, deren Gehirn aber so schwer geschädigt ist, dass eine Rückkehr ins Leben ausgeschlossen ist. Konkret gesagt, gilt das für Verunfallte, die gefunden und behandelt wurden, bevor sie in das Stadium des „Biologischen Todes“ eingetreten sind. Bei einem normalen Sterbefall zu Hause ist Organspende daher kein Thema.
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