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Welche Vorstellungen haben sie vom Tod?

Viele Erwachsene denken, dass Kinder zu jung sind, um sich mit dem Tod zu beschäftigen, doch Sterben, Tod  und Trauer sind keine Themen, die nur „alte“ Menschen betreffen.

Kinder stehen vor vielen Fragen, die leider viel zu oft unbeantwortet bleiben. Einfacher ist es, den Fragen aus dem Weg zu gehen. Dabei wird übersehen, was Kinder alles beobachten, was sie bewegt, welche Ängste und Unsicherheiten sie in dieser Zeit mit sich allein ausmachen. Um überhaupt diese wichtigen Gespräche mit Kindern führen zu können, ist es wichtig zu wissen, welche Vorstellungen die Kinder in den unterschiedlichen Altersklassen vom Tod haben.

neun Monate bis ein Jahr
Verlust und Trennungsangst schlagen sich in symbolisierten Riten des “Da/Nicht-Da” Spielens nieder. Weg sein und tot sein ist gleichbedeutend. Das Kind im nichtsprachlichen Stadium erkennt zwar nicht den Tod, es erkennt aber die Abwesenheit eines Menschen. 

Das Kind erlebt in dieser Zeit einen Verlust ausschließlich durch traurige Stimmung und Gefühle. Möglich ist die Unterscheidung zwischen belebt und unbelebt.

Trauerbegleitung & Selbsthilfegruppen
Trauerland – Zentrum für trauernde Kinder und Jugendliche e.V., Bremen
www.trauernde-kinder.de
Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland e.V.
www.veit.de
Ev. Konferenz für Familien- und Lebensberatung e.V. Fachverband für psychologische Beratung und Supervision
www.ekful.de

ein Jahr bis drei Jahre
Das Kind kann noch sehr wenig oder gar nichts mit dem Begriff Tod anfangen. Es eproduziert aber sehr früh Verlust und Tod (Streichholz anzünden, um es dann ganz schnell wieder auszublasen). Die Endgültigkeit des Todes wird nicht erfasst (Rollenspiele, z.B. nach Verkehrsunfällen: Du bist jetzt schnell tot, nachher aber bist du wieder lebendig). Die Beobachtung von belebt und unbelebt wird ausgedehnt.

vier Jahre
Das Kind gewinnt langsam eine gewisse Vorstellung vom Tod. Es benutzt das Wort; die entsprechende Empfindung dazu aber fehlt noch. Kinder in diesem Alter nehmen noch nicht an, dass sie selbst einmal sterben müssen. Die Beobachtung von belebt und unbelebt wird ausgedehnt. Das Kind konfrontiert den Tod in rituellen Spielen (Indianer, Krieg, …).
Auch Getier wird verfolgt und oft grausam gequält und getötet.

Mutter mit Kind im Arm

Es ist wichtig, die Wünsche des Kindes nach Kreativität zu unterstützen, seine Neugierde nach Erfahrungen und Wissen über Tod und Leben zu befriedigen. Ebenso wichtig sind Gespräche, die das Kind für die Gefühle und Rechte anderer Lebewesen sensibilisieren.

drei bis fünf Jahre
Das Kind gewinnt langsam eine gewisse Vorstellung vom Tod. Der Tod wird als vorübergehender Zustand (Reise oder Schlaf) angesehen.  Es benutzt das Wort; die entsprechende Empfindung dazu aber fehlt noch. Dem Kind ist nicht klar, dass der Tod unvermeidlich ist. Im Gegenteil: Das Kind glaubt in einer “magischen Phase” den Tod durch bestimmte Verhaltensweisen vermeiden zu können (Verstecken!). Zum Teil nehmen Kinder in diesem Alter auch noch nicht an, dass sie selbst einmal sterben müssen. Äußere Gewalteinwirkung wird als Todesursache erlebt, innerorganische Ursachen noch nicht.  Die Beobachtung von belebt und unbelebt wird ausgedehnt. Das Kind konfrontiert den Tod in rituellen Spielen (Indianer, Krieg, …). Auch Getier wird verfolgt und oft grausam gequält und getötet.

sechs bis acht Jahre
In diesem Alter beginnt die personifizierte Vorstellung vom Tod (Engel, Sensenmann, Skelett). Kinder beschäftigen sich gern mit der Peripherie des Todes (Grab, Beerdigung). Es tauchen jetzt Gefühlsreaktionen auf, die vom Kind auch bewusst erlebt werden (das Kind macht sich jetzt z.B. Gedanken, ob auch seine Mutter sterben könnte). Gedankliche Verknüpfungen werden jetzt hergestellt (erlebtes Sterben im Krankenhaus => auf Krankenhaus folgt immer Sterben => Kind will nie ins Krankenhaus). Das eigene Sterben wird noch (wissentlich) geleugnet/verdrängt. Mit ca. acht Jahren aber auch als eigenes Schicksal angenommen. Das sachliche Interesse am Tod ist jetzt am größten. Jetzt taucht die Frage nach dem, was nach dem Tod kommt, auf.

Trauriges Kind mit Plüschhase

ab neun Jahren
Das Kind stellt die Beziehung zu logischen und biologischen Tatsachen her (kein Puls, keine Temperatur, keine Atmung => Tod!). Das Kind richtet seine Aufmerksamkeit jetzt direkt auf den Tod, nicht mehr nur auf die Peripherie. Ab neun Jahren nimmt parallel mit dem Bewusstsein, selbst älter zu werden und einmal sterben zu müssen, sein Interesse am Tod zu. Der Tod wird als Strafe für alles Schlechte, was man getan hat, gesehen. Das Schlechte, das der Tote selbst getan hat, aber auch das Schlechte, das die trauernden Angehörigen getan haben. Somit könnte der Tod auch eine Strafe für die Fehler des Kindes sein!

ab ca. zwölf Jahren
Jugendliche ordnen den Begriff “Leben” Menschen, Tieren und Pflanzen zu. Sie können unterscheiden zwischen Formen des Lebens, dem eigenen Ich und der übrigen Realität. Sie können die Endgültigkeit und die weitreichende, unausweichliche emotionale Bedeutung des Todes erkennen. Alle wesentlichen Denkmuster, die auch die Erwachsenen haben, sind ihnen gedanklich zugänglich. Abwehr und Unbehagen dem Tod gegenüber können sie rau formuliert zum Ausdruck bringen oder skeptisch sachlich als unausweichliches Ereignis am Lebensende konstatieren.

Quelle: Dafür bist Du nicht zu klein…. Mit Kindern über den Tod sprechen. Altersentsprechende Entwicklung des Todeskonzeptes beim gesunden Kind nach Wintsch, Wittkowski, Zengaffinen, Löble http://www.johanniter.de/dienstleistungen/betreuung/trauerbegleitung-von-kindern-und-jugendlichen-lacrima/lacrima-in-muenchen-pfaffenhofen-und-rosenheim/service-wissen/wissen/trauerphasen-nach-v-kast/?L=0

Wenn Kinder trauern – ein paar praktische Tipps

Es ist sinnvoll dem Kind möglichst schnell und wahrheitsgemäß zu erklären, was passiert ist. Dabei ist es sehr wichtig, alle auftretenden Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. So muss auch ein Unfall oder eine Erkrankung als Todesursache erklärt werden. Ob man den Suizid des Opas auf dem Dachboden seinem Enkel als einen Unfall erklärt, muss abgewogen werden. Zu einem späteren Zeitpunkt muss der Hintergrund in jedem Fall korrigiert werden, bevor das Kind über Dritte davon erfährt.  Die üblichen Erklärungen „Der Opa ist jetzt für immer eingeschlafen.“ oder „Die Oma hat sich auf eine ganz lange Reise gemacht!“ sind nicht hilfreich, da das Kind dadurch Ängste entwickeln kann, vor dem Einschlafen, oder vor dem Vereisen. Es sollten ganz bewusst die harten Wörter wie „Tod“ und „Sterben“ verwendet werden und nicht die beschönigenden Formen wie „entschlafen“.

Es ist wichtig, dass das Kind sich altersentsprechend vom Verstorbenen verabschieden kann. Das kann das Malen eines Bildes sein, was am Sarg angebracht oder mit hineingelegt wird, das kann auch ein Kuscheltier sein, dass dem Verstorbenen als Sargbeigabe mitgegeben wird. Ältere Kinder können eine Erinnerungskerze gestalten. Man sollte in jedem Fall das Kind mit einbinden soweit es geht, evtl. bei der Auswahl von Sarg, Sargausstattung, Urne, vielleicht bei der Farbe des Blumenschmuckes zur Trauerfeier. Wenn das Kind den Verstorbenen noch einmal sehen möchte, sollte man diesen Wunsch erfüllen, wenn es die Umstände zulassen. Gerade die Teilnahme von Kindern an einer Trauerfeier verleihen diesem letzten Familienfest eine ganz eigene, ganz lebendige Note. Gerade bei Jugendlichen kann man überlegen, diese auch aktiv in die Trauerfeier mit einzubinden wie zum Beispiel durch das Vortragen eines Textes, oder Gedichtes, oder durch das Erstellen einer Diashow, die im Rahmen der Trauerfeier dann gezeigt wird und bei der Auswahl der Musik.

Im kindlichen Trauerprozess ist es wichtig, nicht zu drängen, sondern Zeit und Offenheit für die Fragen und die kindliche Sicht der Dinge zu haben. Es braucht einzig und allein die Bereitschaft der Erwachsenen, dem Abschied und den damit verbundenen Gefühlen Raum zu geben.

Kinderbuchempfehlungen zum Thema Tod und Sterben

buch_dachs„Leb wohl, lieber Dachs“
Das Buch erzählt in schönen, einfühlsamen Bildern, die Platz für die eigene Fantasie lassen, vom Sterben und „Weiterleben“ des alten Dachses. Der Tod wird dabei als angenehm, erlösend und folgerichtig gezeigt – als Teil des Lebens, wie das Einschlafen am Abend zum Tag davor gehört. Das Buch erzählt aber auch in passender Form davon, wie die Übriggebliebenen mit dem „Weggang“ fertig werden – müssen und können. Bleiben ihnen doch besonders wertvolle Erbstücke erhalten: die Erinnerung an schöne Zeiten, die richtungsweisenden, kleinen Begebenheiten, die den Rest des eigenen Lebens prägen.

buch_opa_urne„Wie kommt der große Opa in die kleine Urne?“
Tim ist traurig. Sein Opa ist gestorben. Am Samstag ist Urnenbeisetzung. Urnenbeisetzung? Was ist das? Er ist ratlos und traurig. Da taucht mit einem Mal die Bärin Leila auf. Sie nimmt ihn ernst und macht sich für ihn auf den Weg. Sie will es wissen: Wie kommt der große Mensch in die kleine Urne? Eingebettet in eine liebevoll gestaltete Geschichte, wird Kindern das schwierige Thema der Urnenbeisetzung anhand der Geschichte von Tim und Leila erklärt. Nicht tieftraurig, sondern gefühl- und hoffnungsvoll. Im Anhang finden sich abschließend noch ergänzende Erläuterungen für Eltern und Erzieher.

buch_oma_lina„Nie mehr Oma-Lina-Tag?“
Jasper ist von seinen Eltern darauf vorbereitet worden, dass Oma Lina möglicherweise nicht wieder gesund wird. Beim Ansehen des Bilderbuches verfolgen wir, wie Jasper Oma Linas Tod begreift und wie er zum ersten Mal eine Trauerfeier und eine Bestattung erlebt. Die Darstellung der Bestattung im Bild hilft, Kinder ihrem Alter entsprechend auf den Ablauf vorzubereiten. Traurige Bilder wechseln sich mit glücklichen Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse ab. Das gemeinsame Pfannkuchen-Essen und Oma Linas Pfannkuchen-Heft erleichtern es Jasper, seine Trauer um die verstorbene Nachbarin auszudrücken. Es ist ein ideales Buch in Bild und Text, um mit Kindern ab 3 Jahren und Kinder-Gruppen über den Tod zu sprechen.

buch_tante_sofia„Abschied von Tante Sofia“
Tante Sofia erzählt Franziska und Fabian von ihrem verstorbenen Freund. Sie macht den Kindern deutlich, dass er durch Erinnern für sie lebendig bleibt, wie sie trauert. Später stirbt Tante Sofia. Die Kinder haben bis dahin schrittweise den Tod kennen gelernt, dadurch können sie mit diesem schmerzlichen Tod besser umgehen als wäre das Thema für sie unbekannt gewesen.

buch_ente_tulpe„Ente, Tod und Tulpe“
Die Ente spürt schon eine ganze Weile in ihrer Nähe: den Tod. Als sie ihm schließlich leibhaftig ins Auge blickt, ist sie doch zutiefst erschrocken. Der Tod jedoch verbringt mit der Ente noch eine gewisse Zeit, sie gehen schwimmen und klettern auf Bäume und freunden sich an, bis der Tod sie schließlich mit Würde mit sich nimmt. Er würdigt sie am Ende mit einer Tulpe und erklärt, wie traurig ihn manchmal das Leben macht. In ganz einfachen Worten und sehr beeindruckenden Zeichnungen ist dieses Bilderbuch zum behutsamen Gesprächseinstieg über den Tod bestens geeignet. Es beantwortet keine Fragen, es belehrt nicht, es ist weder rührselig noch verlogen. Und doch enthält es so viel Wahrheit und ist gleichzeitig nüchtern, tröstlich und vor allem voller Humor und Poesie. Keineswegs ist dieses Buch nur für Kinder geeignet, allein schon die Zeichnungen sind eine Anschaffung wert und die Texte sind in ihrer treffenden Kürze und in ihrem hintergründigen Witz einfach genial.

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